Schon in Rente und immer noch kein Testament? Dann wird es aber höchste Zeit!

Schon in Rente und immer noch kein Testament? Dann wird es aber höchste Zeit!

Schon in Rente und immer noch kein Testament? Dann wird es aber höchste Zeit!

Mit 66 Jahren ist noch lange nicht „Schluss“! Angesicht der jüngsten Rentenreformen bekommt der Klassiker von Udo Jürgens einen zynischen Beigeschmack. Seit 1977, damals stürmte der Song die Hitparaden, hat sich nicht nur die Rechtschreibung geändert, sondern auch das Renteneintrittsalter. Zum Glück wurde aber auch einiges besser! Die modernen Mittsechziger sind fit, stehen voll im Leben und denken nicht an den Tod oder ein Testament.

Das ist wunderbar, es ändert aber leider nichts an der Tatsache, dass mit dem Ruhestand auch unser letztes Lebensdrittel beginnt. Es wird also höchste Zeit sich mit der Frage auseinanderzusetzen, wie das Leben für Familie und Freunde nach dem eigenen Tod weitergehen soll.

Angehende Pensionäre, die Vermögen besitzen, sind deshalb gut beraten, den Rentenantrag auch zum Anlass zu nehmen, noch einmal einen Blick ins Testament zu werfen – oder endlich eines aufzusetzen. Wer überraschend stirbt und keine Vorkehrungen getroffen hat, mutet seinen Lieben einiges zu.

Ehegatten und Kinder verkraften den Verlust weit besser, wenn sie nicht auch noch mit einer ungewissen finanziellen Zukunft konfrontiert werden. Und das geliebte Haustier soll seinen eigenen Ruhestand ja schließlich auch nicht im Tierheim verbringen.

 

Gesetzliche Erbfolge ohne Testament

Wenn ein Verstorbener keinen letzten Willen hinterlassen hat, greifen die gesetzlichen Erbfolgeregelungen. Bei Ehepaaren erbt der überlebende Ehepartner gemäß § 1931 BGB ein Viertel des Vermögens des Verstorbenen, sofern dieser direkte Nachfahren, also Kinder oder Enkelkinder, hinterlässt. Hat der verstorbene Gatte keine Abkömmlinge, existieren aber Erben zweiter Ordnung (z.B. Eltern, Geschwister, Nichten und Neffen), dann erbt der überlebende Gatte die Hälfte.

Sofern sich das Paar für den Güterstand der Zugewinngemeinschaft entschieden hat, was der Normalfall ist, steht dem Überlebenden zusätzlich zu seinem gesetzlichen Erbteil ein weiteres Viertel des Vermögens des Erblassers zu. Dadurch wird der Zugewinnausgleich abgegolten (§ 1371 BGB).

Verstirbt ein Ehegatte wird der Partner also nur zum Alleinerben, wenn der Verstorbene keine nahen Verwandten mehr hat.

Durch ein Testament lässt sich das ändern. Erben zweiter Ordnung, also Geschwister und deren Kinder haben keinen Pflichtteilsanspruch und können enterbt werden.
Der Erbanspruch von Eltern und Kindern kann immerhin auf den gesetzlichen Pflichtteil, das ist gemäß § 2003 Abs. 1 BGB die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, reduziert werden. Eine vollständige Enterbung der unmittelbaren Vor- und Nachfahren ist jedoch nur in Ausnahmefällen möglich.

Das gleiche gilt für den Ehepartner, denn auch diesem steht nach § 2003 Abs. 2 BGB ein Pflichtteil zu. Allerdings können Begünstigte stets freiwillig auf ihr Erbe verzichten. Bei vermögenden Paaren, die beide Kinder mit in die Ehe bringen, macht das auch Sinn.

 

Vorsicht bei Patchwork-Konstellationen

Das Bürgerliche Gesetzbuch stammt aus dem Jahr 1900 und die Erbfolgeregeln wurden, von der Gleichstellung außerehelicher Kinder einmal abgesehen, kaum angepasst. Sie sind also auf die Bedürfnisse konventioneller Familien zugeschnitten.
Bei den heute weit verbreiteten Patchwork-Konstellationen führen sie oft zu unerfreulichen Ergebnissen.

Beispiel:
Anna und Paul sind beide gleich alt und haben jenseits der 50 ohne privaten Ehevertrag geheiratet. Sie leben also in einer Zugewinngemeinschaft. Für Paul war es bereits die zweite Ehe, mit seiner ersten Gattin hat er zwei erwachsene Söhne. Anna war nie verheiratet, sie hat aber eine Tochter.

Nach der Hochzeit vermietet Anna ihre Eigentumswohnung im Wert von 300.000 Euro und zieht zu Paul aufs Land, wo dieser ein geräumiges Eigenheim im Wert von 500.000 Euro besitzt, das er mit seinen drei Hunden teilt.

Wider die Statistik stirbt Anna als erste – ganz überraschend ohne Testament. In diesem Fall erbt Paul 50 Prozent von Annas Vermögen, rechnerisch also 150.000 Euro, die andere Hälfte bekommt Annas Tochter.

Das wäre auch dann passiert, wenn Anna und Paul nur gemeinsame Kinder hätten, ungerecht wird es erst nach seinem Tod. Stirbt Paul ebenfalls ohne Testament, geht sein Vermögen an seine beiden Söhne über, die Stieftochter, die nicht gesetzlich erbberechtigt ist, erhält dagegen keinen Cent.

Pauls Söhne dürfen sich also über ein Erbe von jeweils 75.000 Euro seitens ihrer Stiefmutter freuen, während Annas Tochter leer ausgeht. Das war bestimmt nicht im Sinne der Erblasserin und kann nur durch vertragliche Vorkehrungen verhindert werden.

Glücklicherweise ist es für einen Ehevertrag und einen gegenseitigen Erbausschluss auch jenseits der 66 noch lange nicht zu spät!

 

Wer erbt das Waldi?

Viele Seniorinnen und Senioren teilen ihren Lebensabend mit einem Haustier, das oft als vollwertiges Familienmitglied betrachtet wird. Der Gesetzgeber sieht das leider anders. Rechtlich werden Tiere wie Sachen behandelt. Was für Immobilien gilt, trifft auch auf Haustiere zu. Stirbt Pauls als erster, gehören seine Hunde nach dem Tod also nicht seiner Ehefrau, sondern zählen zur Erbmasse, die nach den bereits erläuterten Regeln aufgeteilt wird.

Wenn sich alle Beteiligten gut verstehen, ist das kein Problem. Andernfalls werden Haustiere aber auch gerne einmal für Rachezwecke missbraucht und das hat kein Vierbeiner verdient.

Aber auch das lässt sich durch ein Testament leicht verhindern. Tierhalter können im Rahmen ihres letzten Willens bestimmen, wer den geliebten Vierbeiner erbt oder als Vermächtnis zugesprochen bekommt. Das kann übrigens auch die Haushälterin sein, wenn die eigenen Sprösslinge nicht zuverlässig sind oder schlicht keine Tiere mögen.

Hunde, Katze & Co. können in Deutschland leider nicht selbst erben, da ihnen die Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu sein, abgesprochen wird.

 

Fazit über die Notwendigkeit eines Testaments

Wer erst den Rentenantrag abschickt und gleich danach sein Testament macht, ist weder morbide noch depressiv, sondern schlicht verantwortungsbewusst.

Das gilt insbesondere dann, wenn die gesetzliche Erbfolge zu unfairen Ergebnissen führt oder ein geliebtes Haustier ohne geeignete Vorsorgemaßnahmen in schlechte Hände fallen könnte.