Alzheimer und Depression: Diagnose vom Computer?

Alzheimer und Depression: Diagnose vom Computer?
Welche ethischen Fragen stellen sich, wenn künstliche Intelligenz darauf trainiert wird, zum Beispiel kleinste Abweichungen in Hirnscans zu erkennen und plötzlich Einfluss auf die Diagnose nimmt? Das untersuchen Forschende jetzt in einem von der Universität Oldenburg geleiteten Forschungsprojekt. Foto: DZNE/Frommann

Alzheimer und Depression: Diagnose vom Computer?

Oldenburg. Schon heute sind Computer auf Grundlage Maschinellen Lernens in der Lage, kleinste Veränderungen in Hirnscans zu registrieren, die auf eine beginnende Alzheimer-Demenz hinweisen können – und zwar lange, bevor selbst geschultes Fachpersonal diese Veränderungen bemerkt. Auch bei anderen psychischen Krankheiten könnte künstliche Intelligenz (KI) künftig Anwendung finden. Welche wissenschaftliche, ethische und soziale Bedeutung diese Entwicklung für die neuropsychiatrische Forschung und Praxis hat, untersuchen jetzt Forschende der Universität Oldenburg in einem neuen Forschungsprojekt.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert das Projekt TESIComP („Theoretische, ethische und soziale Implikationen von KI für neuropsychiatrische Forschung und Praxis“) über drei Jahre mit mehr als 700.000 Euro. Medizinethiker Prof. Dr. Mark Schweda vom Department für Versorgungsforschung leitet das Verbundprojekt, bei dem die Universität Oldenburg mit dem Rostocker Standort des Deutschen Zentrums für neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) und dem Universitätsklinikum Heidelberg zusammenarbeitet.

Wie sich das Verständnis von Psychiatrie und neuropsychiatrischen Krankheiten durch den Einsatz künstlicher Intelligenz verändert, untersucht das Forschungsteam einerseits im Zusammenhang mit Alzheimer-Demenz, andererseits in Bezug auf Depressionen. Beide Erkrankungen unterscheiden sich in einem wichtigen Punkt: Für die Alzheimer-Demenz gibt es bereits anerkannte Biomarker, also objektiv messbare Parameter, die auf das Vorliegen dieser Krankheit hinweisen. Dazu zählen insbesondere ganz bestimmte Veränderungen im Gehirn, die auf Hirnscans sichtbar und dazu geeignet sind, künstliche Intelligenz damit zu trainieren. Messbare Biomarker in Bezug auf Depressionen zu definieren, ist hingegen deutlich schwieriger. Die Krankheit wird in der Regel aufgrund von Schilderungen von Betroffenen diagnostiziert. Leiden diese unter bestimmten Symptomen, gelten sie als depressiv.

In Interviews wird das Forschungsteam Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, erkrankte Menschen, Mitarbeitende in Kliniken sowie Entwicklerinnen und Entwickler künstlicher Intelligenz dazu befragen, welche ethischen Probleme sie sehen und welche Erwartungen und Befürchtungen sie an die neue Technologie knüpfen. Dabei wollen die Forschenden zum Beispiel herausfinden, wie sich traditionelle Begriffe und Einteilungen psychischer Krankheiten durch den Einsatz von Verfahren Maschinellen Lernens in Zukunft verändern könnten. Außerdem untersuchen sie, wie Betroffene, aber auch Ärztinnen und Ärzte damit umgehen würden, wenn möglicherweise ein Computer Einfluss auf die ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung nimmt. Dabei nutzt das Konsortium unter anderem einen vom DZNE entwickelten Prototypen für ein sich erklärendes KI-System für die Alzheimer-Erkennung aus MRT-Hirnscans.

Ein Gremium aus Expertinnen und Experten entwickelt anschließend aus dem Ergebnis dieser Befragungen und Gespräche ethische Empfehlungen für den Umgang mit künstlicher Intelligenz in der psychiatrischen Praxis.

Pressemeldung von  Universität Oldenburg